der singkreisch
mit britta görtz / death metal sängerin und gesangslehrerin
britta görtz singt seit 22 jahren in diversen metal bands. ihre große leidenschaft sind harsh vocals, also alles was sich außerhalb von klartönen befindet und verzerrter gesang ist. als sie anfing war sie eine von fünf frauen, die in deutschland mit death metal aufgetreten sind. sie ist vocalcoach für harsh vocals, hat schüler:innen auf vier kontinenten, gibt workshops - auch für nicht metal heads. scheinbar gibt es unglaublich viel interesse am schreien, am screamen, am growlen, am geräuschemachen.
britta görtz singt seit 22 jahren in diversen metal bands. ihre große leidenschaft sind harsh vocals, also alles was sich außerhalb von klartönen befindet und verzerrter gesang ist. als sie anfing war sie eine von fünf frauen, die in deutschland mit death metal aufgetreten sind. sie ist vocalcoach für harsh vocals, hat schüler:innen auf vier kontinenten, gibt workshops - auch für nicht metal heads. scheinbar gibt es unglaublich viel interesse am schreien, am screamen, am growlen, am geräuschemachen.
sobald wir andere vokale hören als die aus dem menschlichen sprachgebrauch gewohnten, denkt unser gehirn: achtung, kreatürlich. oder: achtung, raubtier. ganz helle interpretieren das irgendwann als: achtung, dämon. oder achtung: krank.
wir haben britta görtz gebeten, beschreibungen der laute der hysterikas vertonend zu interpretieren.
paul richer beschreibt einen laut von augustine
als: „ein schrei von ganz eigener art. er ist schrill, vergleichbar dem pfeifen
einer lokomotive, in die länge gezogen und manchmal moduliert.“ er sprach
davon, dass sie „einige gutturale ahs!“ ausstößt, ohne dass ein einzelner
dieser „laute“ im strengen wortsinn als „schrei“ bezeichnet werden könnte. an
anderer stelle sprach er von einem „kehlkopflaut, der den gesang des hahns
nachahmt. „études
cliniques sur la grande hystérie ou hystéro-épilepsie“ 1881/85
ein anderer arzt behauptete, dass
hysterikerinnen „das bellen, das heulen der hunde, das miauen der katze, das
zetern, kreischen, glucken der hühner, das grunzen des schweins und das quaken
der frösche vortäuschen können.” paul briquet “traité clinique et thérapique de l’hystérie” 1859
je verformter oder verzerrter der klang ist, desto mehr bereiche im gehirn springen an. wenn ich diese informationsdichte nicht gewohnt bin, wirkt der klang hart und anstrengend. görtz
lautes schreien errichtet eine biochemische barriere zum angstzentrum im gehirn, so dass in dem kurzen moment, wo geschrien wird, keine angst empfunden werden kann.
wir haben britta görtz gebeten, fotografien der “iconographie photographique de la salpêtrière” auf ihre unterstellten laute hin zu analysieren. sie wurden von den herausgebenden ärzten mit “cri” (schrei) untertitelt oder als hysterisches gähnen bezeichnet.
beginn der attacke
schrei
ist das ein schrei? und wenn ja welcher?
bg: ich frage mich, ob das ein versuch ist, einen schrei nachzustellen. ein versuch, der nicht gelungen ist. für mich schreit diese person nicht. ein natürlicher schrei hätte eine andere anspannung im gesicht. die zunge scheint nach hinten zu fallen wie beim schnarchen und sie wirkt beklemmt, als kriegte sie schlecht luft. auch sieht die hebung ihres brustkorbs eher so aus, als würde sie gerade einatmen. ein schrei nach aussen würde ich dort nicht vermuten.
was ist das für ein schrei? was für ein laut?
bg: schrei würde ich das nicht nennen, nicht mal ein rufen. die lippenmuskulatur ist zu entspannt, es ist keine mit kraft rausgestreckte zunge, scheint eher wie ein lecken und das geräusch, was mir dazu einfällt ist: … - wenn überhaupt. es ist ja nicht gesagt, dass wenn der mund offensteht, da ein geräusch herauskommt. genauso wenig, dass wenn der mund zu ist, kein geräusch kommt.
geht also ein schrei gar nicht mit dem gesicht?
bg: es wäre theoretisch möglich. man müsste sich aber große mühe geben, den automatismus der gesichtsmuskulatur-anspannung im schrei abzutrainieren. ich könnte es, aber es ist alles andere als ein natürlicher schrei und unter der annahme, dass diese person keine expertin im faken von schreien war, erscheint es mir an den haaren herbeigezogen.
bg: schrei würde ich das nicht nennen, nicht mal ein rufen. die lippenmuskulatur ist zu entspannt, es ist keine mit kraft rausgestreckte zunge, scheint eher wie ein lecken und das geräusch, was mir dazu einfällt ist: … - wenn überhaupt. es ist ja nicht gesagt, dass wenn der mund offensteht, da ein geräusch herauskommt. genauso wenig, dass wenn der mund zu ist, kein geräusch kommt.
geht also ein schrei gar nicht mit dem gesicht?
bg: es wäre theoretisch möglich. man müsste sich aber große mühe geben, den automatismus der gesichtsmuskulatur-anspannung im schrei abzutrainieren. ich könnte es, aber es ist alles andere als ein natürlicher schrei und unter der annahme, dass diese person keine expertin im faken von schreien war, erscheint es mir an den haaren herbeigezogen.
beginn einer attacke
schrei
das hysterische gähnen
ist das gähnen oder nicht?
bg: aus mehreren gründen sieht es für mich überhaupt nicht aus wie gähnen. es wirkt gehalten und ist nicht in bewegung. und man beachte die blickrichtung: da steht doch jemand mit einer anweisung. außerdem was passiert beim gähnen automatisch? schultern und bauch heben sich. von bild 1 bis 3 sind nur minimale bewegungen zu erkennen, definiv weder anfang vom gähnen noch ende. ich würde eher sagen bâillement agressif, aggressives gähnen. es ist eine nachstellung. es wäre eine art zu gähnen, die ich so noch nicht beobachtet habe und ich schaue vielen menschen beim gähnen zu.